Chinesische Kammeroper - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 05.05.2006


Chinesische Kammeroper
Karin Effing

Am Dienstag, den 09. Mai und Mittwoch, den 10. Mai 2006 zeigt das Haus der Kulturen der Welt die Uraufführung von "Fantasy of the Red Queen" der Komponistin Liu Sola. Künstlergespräch am Mittwoch.




Das Haus der Kulturen der Welt zeigt im Rahmen von China - Zwischen Vergangenheit und Zukunft neuere Entwicklungen der chinesischen Musik in Auseinandersetzung mit ihren Traditionen. Stars der Chinesischen Oper zeigte fünf Solo-Performances als Uraufführungen, das Konzert You have no choice stellte Chinesische Avantgarde-KomponistInnen vor und die Aufführung des Symphonischen Dramas Mei Lanfang in der Komischen Oper inszenierte das Leben des bekanntesten Frauendarstellers der Pekinger Oper. Mit der Uraufführung von Fantasy of the Red Queen am 09. und 10. Mai 2006 gibt es nun zum letzten Mal die Möglichkeit, die chinesische Musik im Rahmen des interessanten Festivals kennen zu lernen.

Die Auftragsoper von Liu Sola erzählt die Geschichte einer Frau, die sich, getrieben von Machthunger, so sehr mit der "Red Queen" - der vierten Ehefrau Maos, Jiang Qing - identifiziert, dass sie ihre Identitäten nicht mehr auseinander halten kann. Jiang Qing war als Mao Tse-Tungs Frau wichtigster Auslöser und Antriebskraft der Kulturrevolution. Nach einer mittelmäßig erfolgreichen Karriere im Shanghai der 20er-Jahre als Darstellerin in der Pekingoper und im Film schloss sie sich den KommunistInnen an, bei denen sie Mao kennen lernt und schließlich heiratete. Viele Jahre war sie gezwungen, in seinem Schatten zu leben. In den 60er-Jahren jedoch, als die politische Opposition an Boden gewann, griff Mao auf die Hilfe seiner Frau zurück, um die Kulturrevolution in Gang zu setzen. Bald wurde sie zu deren führendem Kopf: Jiang Qing sah ihre Stunde gekommen und bediente sich der Kulturrevolution, um persönliche FeindInnen und KonkurrentInnen zu beseitigen und ihre Vorstellungen von "revolutionärer Kunst" durchzusetzen. Inhaftierungen, Folter und politische Morde geschahen auf ihre Anweisung. Betroffen waren davon vor allem Kulturschaffende und Intellektuelle.
Die Protagonistin in Liu Solas Oper ist allerdings nicht Jiang Qing, sondern eine alte Frau, die durch ihren Machthunger in geistige Umnachtung verfallen ist und in ein Krankenhaus eingewiesen wurde. Das Bühnengeschehen spielt sich sowohl auf der Bühne als auch auf einem riesigen Video-Bildschirm ab. Auf der Bühne sitzt die alte Frau und starrt den Video-Bildschirm an. Auf ihm sind verschiedene Phasen ihres Lebens zu sehen: die junge Frau, die Schauspielerin in einer Pekingoper, die schöne, reife Frau, die in der Verbotenen Stadt festgehalten wird, und die Rolle der Roten Königin, in ein Kostüm der Pekingoper gekleidet.
Auch eine Tänzerin der Pekingoper ist zu sehen. Sie führt Bewegungen aus, die als revolutionär Gesten gelesen werden können. Ein anderes Mal tritt dieselbe Tänzerin als Geist auf.
In allen Szenen kommt ein maskierter Zither-Spieler vor, der eine alte Melodie ohne jeden politischen Unterton zu Gehör bringt. Er ist eine zentrale Symbolfigur, die für die Zählebigkeit historischer Traditionen steht, die trotz "revolutionärer" und "kapitalistischer" Umwälzungen weiterbestehen.
Die andere zentrale Figur ist der Teufel, dessen Dialoge mit der Roten Königin den dramatischen wie emotionalen Kern der Oper bilden. Während er ihre tiefsten Sehnsüchte zu erfüllen scheint, kontrolliert und manipuliert er sie zugleich.

Weitere Infos und das vollständige Programm im Netz unter www.hkw.de




Dienstag, 09.05.06 und Mittwoch, 10.05.06, jeweils 20 Uhr
Fantasy of the Red Queen

Kammeroper, Uraufführung
Eine Auftragsproduktion des Hauses der Kulturen der Welt in Kooperation mit dem
Ensemble Modern
Komposition, Libretto, Regie, leading voice: Liu Sola
Dirigent: Johannes Kalitzke
Besetzung: Wu Jing, Zhen Jianhua, Wu Na, Zhang Yangsheng, Li Zhengui, Zhang Lie, Yang Jing, Liang Hepin
sowie das Ensemble Modern in vollständiger Besetzung
Bühnenbild: Yang Xiaoping
Choreografie: Chiang Ching
Eintritt: 13 Euro/ erm. 10 Euro
(mit Ticket am selben Tag freier Eintritt zur Ausstellung)
Veranstaltungsort:
Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin


Mittwoch, 10.5.06, 21.30 Uhr
Künstlergespräch

mit VertreterInnen der chinesischen MusikerInnen, des Ensemble Modern und der Komponistin Liu Sola
Eintritt frei


Kunst + Kultur

Beitrag vom 05.05.2006

AVIVA-Redaktion